Abteilungsgebiet

Wir in der Abteilung 76 sind für Sie da, in unserem Abteilungsgebiet rund um den Karl-August- und den Savignyplatz bis hin zum Zoo, zum Ernst-Reuter-Platz und zur Bismarckstraße.

 

Unser Kiez hat ein gewisses Flair, zu dem neben dem vielen Grün, den Theatern, Galerien und anderen Kultureinrichtungen, den Restaurants und Kneipen auch der an jedem Mittwoch und Samstag stattfindende Wochenmarkt rund um den Karl-August-Platz beiträgt. An den 40 bis 100 Ständen um die evangelische Trinitatiskirche herum reicht das Angebot von Kunsthandwerk über Lederwaren, Blumen (sogar essbaren!), Obst und Gemüse, Käse, Wurst, Fleisch, Fisch, Schokoladen, frischen Nudeln bis zu edlen Weinen. Nicht zu vergessen die delikaten Antipasti und die vielen Imbissstände, an denen man seinen Hunger sofort stillen kann. In Wahlkampfzeiten bauen wir am Rand des Marktes gern unseren Infostand auf, um mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. Der Karl-August-Platz wurde 1894 als Kirch-, Markt- und Schmuckplatz mit Rasenstücken und Gehölzen angelegt und 1897 nach dem Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach benannt. 1950 wurde er umgestaltet und mit zwei Kinderspielplätzen versehen.

Wie dieses Beispiel schon zeigt, entsteht der Zauber unseres Viertels u.a. auch durch seine Plätze. In besonderem Maße gilt das für den Savignyplatz. Die um ihn herum liegenden Restaurants, Cafés, Buchhandlungen und Galerien sind ein bevorzugter Treffpunkt für Künstler, Schriftsteller, Intellektuelle und Touristen. Dieser Blockplatz mit sieben Straßeneinmündungen wurde 1894/95 beidseitig der Kantstraße als Schmuckplatz erstmals gestaltet, um die Bebauung aufzulockern und durchzulüften. Sein Name erinnert an Friedrich Carl von Savigny, der die Historische Rechtsschule begründete. 1926/27 gab der Städtische Gartenbaudirektor Erwin Bath dem Savignyplatz mit Sitzlauben und Staudenrabatten eine neue Form. Nach vielen Veränderungen erhielt er anlässlich des 750-jährigen Stadtjubiläums seine ursprüngliche Gestalt zurück. Seitdem ist er ein Gartendenkmal. Der 1908 nach einem Entwurf von Alfred Grenander errichtete Kiosk wurde 1943 stark beschädigt, 1987 instand gesetzt und 2006 als Currywurst-Imbiss eröffnet. Architekt Grenander hat zahlreiche Berliner U-Bahnhöfe errichtet. Und die Lyrikerin Mascha Kaléko, die vor ihrer Emigration 1938 in der Bleibtreustraße 10/11 wohnte, verewigte den Savignyplatz in einem Gedicht:

Ich bin, vor jenen „tausend Jahren“
viel in der Welt herumgefahren.
Schön war die Fremde, doch Ersatz.
Mein Heimweh hieß Savignyplatz.

Der kleine Schmuckplatz gegenüber den Hauptgebäude der Universität der Künste wurde 1885 nach Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein benannt, der seit 1807 mit der Gesetzgebung zur Bauernbefreiung die nach ihm und Karl August Fürst von Hardenberg benannten liberal-demokratischen Reformen in Preußen einleitete. Seit seiner Umgestaltung im Sommer 2018 öffnet sich der Steinplatz noch mehr für Anwohner*innen, Studierende und Mitarbeiter*innen der umliegenden Geschäfte und Institutionen, aber auch für ein neues Publikum. Denn er kann jetzt vielfältig bespielt werden, wie es z.B. während des Europafestes geschah, an dem sich auch die SPD beteiligte.

Das Gartendenkmal Ernst-Reuter-Platz (vorher Am Knie) ist ein Verkehrsknotenpunkt. Am 3. Oktober 1953 erhielt der Platz seinen Namen zu Ehren des vier Tage zuvor verstorbenen ersten Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter. Auf den großen Kreisverkehr führen fünf Straßen: Die Hardenbergstraße, die Straße des 17. Juni, die Marchstraße, die Otto-Suhr-Allee und die Bismarckstraße. Mit 180 Metern Durchmesser ist es der größte Rundplatz Berlin. Unter ihm verläuft die Linie U2 mit dem Bahnhof Ernst-Reuter-Platz. Die Mittelinsel des Rondells kann unterirdisch über die U-Bahnstation erreicht werden. Sie ist begrünt, mit Bänken, Bäumen und Blumenbeeten versehen. 1959/60 wurde sie durch Werner Düttmann mit Wasserspielen und einer Hauptfontäne gestaltet. 1963 wurden vor dem Architekturgebäude der TU zum Gedenken an Ernst Reuter die Bronzeplastik „Flamme“ von Bernhard Heiligen und vor dem Hochhaus für Bergbau und Hüttenwesen die Bronzeplastik „Kristallinie Form / Wachsende Flügel“ von Karl Hartung aufgestellt.

Auf Ernst Reuter sind wir besonders stolz. Als er nach KZ-Internierung und türkischem Exil wieder in Berlin leben konnte, versuchte die russische Besatzungsmacht zu verhindern, dass er – obwohl er gewählt worden war – Bürgermeister wurde. Dennoch fand er am 9. September 1948 die alles entscheidenden Worte. Er stand vor 350.000 Menschen vor dem Reichstagsgebäude. Als Reaktion auf die Währungsunion in den von den USA, Großbritannien und Frankreich besetzten Zonen, hatte die sowjetische Besatzungsmacht am 24. Juni 1948 die Stromversorgung gekappt und dann die Zufahrswege nach Berlin blockiert. Die Westalliierten fürchteten, dass die Versorgung einer Millionenstadt aus der Luft im Winter scheitern würde. Da stellte sich Ernst Reuter hin und appellierte leidenschaftlich:

„Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt! Es gibt nur eine Möglichkeit für uns alle: gemeinsam so lange zusammenzustehen, bis dieser Kampf gewonnen, bis dieser Kampf endlich durch einen Sieg über die Feinde, durch einen Sieg über die Macht der Finsternis besiegelt ist.

Das Volk von Berlin hat gesprochen. Wir haben unsere Pflicht getan, und wir werden unsere Pflicht weiter tun. Völker der Welt! Tut auch eure Pflicht und helft uns in der Zeit, die vor uns steht, nicht nur mit dem Dröhnen eurer Flugzeuge, nicht nur mit den Transportmöglichkeiten, die ihr hierher schafft, sondern mit dem standhaften und unzerstörbaren Einstehen für die gemeinsamen Ideale, die allein unsere Zukunft und die auch eure Zukunft sichern können. Völker der Welt, schaut auf Berlin! Und Volk von Berlin, sei dessen gewiss, diesen Kampf, den wollen, diesen Kampf, den werden wir gewinnen!“

Der Sozialdemokrat Ernst Reuter wird also zu Recht geehrt und verehrt. Die Luftbrücke dauerte 322 Tage. Mehr als 270.000 Flüge brachten u.a. auch 1,44 Millionen Tonnen Kohle nach Berlin. In Spitzenzeiten fanden 1400 Flüge in 24 Stunden statt. Und in der Nacht vom 11. auf den 12. Mai 1949 beendete die Sowjetunion die Blockade.

In unserem Kiez gibt es also viel Schönes, gleichzeitig sind die Probleme nicht zu übersehen: Einige Menschen schlafen unter den S-Bahnbrücken, durchwühlen Mülleimer nach Brauchbarem, sammeln Pfandflaschen oder sitzen bettelnd vor Restaurants und Lebensmittelläden. Als Einkaufsparadies gilt vielen Charlottenburger*innen die Wilmersdorfer Straße mit ihren interessanten Läden, den Kaufhäusern, Obstständen, Restaurants und Cafés. Während die einen bei ihrem gemütlichen Einkaufsbummel alte Kleidung in den Wilmersdorfer Arcaden im Komm & Sieh-Laden der Berliner Stadtmission abgeben, gibt es eben auch Menschen, die auf diese Hilfe angewiesen sind. Die Bahnhofsmission in der Jebenstraße 5 versorgt täglich Menschen mit einer Mahlzeit, ebenso die Berliner Tafel „Laib und Seele“ mit ihrer Ausgabestelle in der Evangelischen Trinitatisgemeine am Karl-August-Platz.

Wieviel Leid unser Stadtteil schon gesehen hat, dokumentieren die vielen Stolpersteine. Der in Berlin geborene Künstler Gunter Demnig hat diese Art des dezentralen Denkmals erfunden, das die Erinnerung an den Ort zurückbringt, wo ein Opfer des Nazi-Terrors zuletzt freiwillig gelebt hat. Aus Respekt vor unseren während der Nazi-Zeit ermordeten Nachbarn putzen wir einmal im Jahr Stolpersteine in unserem Kiez. Denn eines steht fest: Gerade jetzt ist die Erinnerung daran, was Nationalismus anrichten kann, wieder ganz besonders wichtig.